Das deutsche Rotwein-Eldorado liegt im Remstal. Das ist zumindest meine aktuelle Meinung. Wie komme ich zu dieser Erkenntnis? Nicht weil ich im Remstal wohne. Nicht weil ich im Remstal lebe. Wobei, da sicherlich eine Portion Sympathie für die Region zum tragen kommt. Das kann ich nicht leugnen. In der Anbauregion Remstal und Stuttgart gibt es 1805 ha Anbaufläche wovon über 61% mit roten Rebsorten bepflanzt sind. Der Rotwein ist schon seit Jahrzehnten im Remstal häufiger angebaut als der Weißwein.
Württemberg ist schon seit Jahrezehnten die Rotweinregion Nummer 1 in Deutschland. Die globale Klimaerwärmung trägt zu einer erweiterten Vielfalt bei den Rebsorten bei. Vor drei oder mehr Jahrezehnten gab es überwiegend Rotweine vom Lemberger, Spätburgunder, Samtrot, Müllerrebe, Schwarzriesling, Portugieser, Muskattrollinger, Heroldrebe und Trollinger. Durch das wärmere Klima und die umfangreiche Ausbildung neuer und junger Winzer, werden inzwischen weitere rote Rebsorten wie Merlot, Cabernet Sauvignon, verschiedene neue Cabernet-Züchtungen, Cabernet franc, Zweigelt und Syrah angebaut. Das Rebenangebot ist internationaler geworden. Aber auch die Weinqualitäten erreichen inzwischen auf breiterer Basis internationale Spitzenqualität.
Früher hat man meist rebsortenrein ausgebaut. Die meisten Weinberginhaber waren Nebenerwerbswinzer und haben die Trauben an die Genossenschaft der Region abgeliefert. Eigenständige und qualitätsorientierte Weingüter gab es damals nur wenige. Das Weingut Aldinger in Fellbach, Karl-Haidle in Kernen-Stetten und das Weingut Jürgen Ellwanger in Winterbach waren solche Pioniere im Remstal. Nicht umsonst gehören diese drei Weingüter auch heute noch zu den Top-Weingütern der Region. Inzwischen hat oft die nächste Generation die Weingüter übernommen. Ausbildungen in Geisenheim und in anderen Weinländern brachten neues Wissen und Experimentierfreude in das Remstal. Vor allem hat sich der Qualitätsgedanke stark verbreitet. Die jüngere Generation hat die elterlichen Weinberge übernommen. So sind auch einige neue Weingüter entstanden. Austritt aus der Genossenschaft. Eigener Wein mit hohem Qualitätsanspruch. Die Folge sind viele gute, sehr gute bis hervorragende Rotweine. Manche Weingüter wurden neu aus dem Boden gestampft. Diese Weingüter sind teilweise noch nicht so über die Region hinaus bekannt. Das wird sich in den nächsten Jahren bei einigen sicherlich ändern.
Ein Umdenken hin zur Qualität fand in den 80er Jahren statt. Klasse statt Masse vertreten heute viele der jungen Winzer als Leitbild. Die ersten Cuvees entstanden in den 80er Jahren. Man expermimentierte mit Holzfässern nach französischen Vorbild. Solche Weine durften damals nur als Tafelwein vermarktet werden. Tafelweine waren damals eigentlich die einfachste und billigste Qualität. Das deutsche Weingesetz ließ kein Barrique für alle Rebsorten zu. Cuvee
s waren auch nicht vorgesehen. Ganz langsam wurde auch in Deutschland die Vielfalt liberalisiert. Neue Rebsorten wurden in Weinregionen zugelassen und erfolgreich angebaut. 2020 fand endlich die lang überfällige Änderung im deutschen Weingesetz statt. Dafür ist in Deutschland das Bundeskabinett zuständig!? Die Qualität der Weine werden nun nach Lage und Terroir eingestuft. Man orientiert sich etwas mehr an den französischen Terroir- und Lagen-Gedanken.
Aber schauen wir uns einmal die einzelnen Traubensorten an und wie sich diese in den letzten Jahrzehnten im Remstal entwickelt haben.
Lemberger aus dem Remstal
Lemberger war schon immer meine Lieblingsrebsorte aus dem Remstal. In einer Besenwirtschaft hat mir der Trollinger mit Lemberger meist am besten zum Vesper geschmeckt. In den 80er bis 90er Jahren gab es nur relativ wenige sehr gute Lemberger. Karl Haidle hat sich damals auf Riesling konzentriert. Jürgen Ellwanger und Aldinger waren die einzigen im Remstal, welche damals schon recht gute Lemberger machten.
In den letzten Jahren hat sich das gewaltig verändert. Das Weingut Schnaitmann war vor über 20 Jahren der Shooting-Star im Remstal. Seine Lemberger sind inzwischen legendär. Aber auch andere Weingüter im Remstal produzieren inzwischen sehr gute bis herovrragende Lemberger. Jahrzehntelang galten die Blaufränkisch-Weine aus dem Burgenland als qualitative Referenz für diese Rebsorte. Inzwischen sind die ersten Remstäler-Lemberger auf Augenhöhe angekommen.
Ein guter Lemberger schmeckt nach Himbeeren, Brombeeren, Heidelbeeren und oder Holunder. Er kann eine, zwei, drei oder alle vier Fruchtarten beinhalten. Im Duft und im Geschmack kann er Würze und Kräuter haben. Die Reifung im Holzfass kann bei passender Reife des Weines weitere Aromen, wie Vanille und im Geschmack und Abgang Kakao und dunkle Schokolade ergänzen.
Unter den Lagenweinen vom Lemberger findet man in jedem Weingut gute bis sehr gute Rotweine. Nur wenige sind jung bereits genußreif. Die meisten sollte man zwei bis fünf Jahre reifen lassen. Dann erreichen sie ein harmonisches Gleichgewicht zwischen Frucht, Säure und Holz. Die Lagen-Lemberger liegen preislich zwischen 10 und 20 Euro. Die meisten zwischen 10 – 15 Euro. Zwischen 12 und 15 Euro findet man bereits hervorragende Lemberger mit erstaunlicher Komplexität. Wer es preisgünstiger mag, wird bei den Gutsweinen fündig. Diese sind zwar selten so komplex wie ein Lagenwein, dafür aber auch früher genußreif.
Für besondere Anläße sind die Großen Gewächse genau richtig. Allerdings müssen diese fast immer ein paar Jahre reifen um die optimale Genußreife zu haben. Den meisten großen Gewächsen gibt der Winzer eine gute Portion Holz mit. Solche Weine schmecken jung noch recht herb. Mit der Reifung verleiht das reifere Holz dem Rotwein weitere Aromen und Geschmack. Der Rotwein wird dadurch komplexer. Allerdings sollte man Geduld aufbringen um den maximalen Genuß erleben zu können. Nachfolgend sind einige Verkostungsbeispiele aufgelistet:
- Hanweiler Berg Blaufränkisch 2016 – Weingut Aldinger
- Hanweiler Berg Lemberger 2015 – Weingut Aldinger
- Hanweiler Berg Lemberger 2014 – Weingut Aldinger
- Geradstettener Lichtenberg Lemberger Spätlese 2018 – Bernhard Ellwanger
- Lemberger Hebsacker Lichtenberg 2016 – Erste Lage – Jürgen Ellwanger
- Lemberger Goldreserve Korber Sommerhalde 2017 – Weingut Escher
- Fellbacher Goldberg Lemberger 2019 – Weingut Heid
- 2017 Fellbacher Lämmler Lemberger GG – Weingut Heid
- Lemberger Großheppach 2018 – Weingut Wolfgang Klopfer
- Lemberger Strümpfelbach 2017 – Weingut Knauß
- Steinwiege Lemberger 2017 – Weingut Schnaitmann
- Lemberger Steinwiege 2016 – Weingut Schnaitmann
- Steinwiege Lemberger 2015 – Weingut Schnaitmann
- Heimat Lemberger 2018 Blue Label – Weingut Sterneisen
Spätburgunder – Pinot Noir aus dem Remstal
Spätburgunder nennt man diese Rebsorte in Deutschland. Pinot Noir wird er in Frankreich genannt. Inzwischen schreibt aber auch manch deutscher Winzer Pinot Noir auf das Weinetikett. Im Remstal hat der Spätburgunder in den letzten Jahrezehnten einen enormen Qualitätssprung gemacht. Wem der Lemberger zu herb oder kräftig ist, könnte am Spätburgunder mehr Genußfreude finden? Aber das ist persönliche Geschmackssache. Ich mag beide Rebsorte sehr gerne. Das ist bei mir meist von der Stimmung abhängig. Bei den Top-Weingütern werden meist beide Rebsorten angebaut. In den meisten Jahren gehören auch beide häufig zu den besten Rotweinen eines Weingutes. Meist liegen beide in den Bewertungen von Experten eng beieinander.
Vor zwei bis drei Jahrzehnten sah manch Spätburgunder aus dem Remstal häufig wie ein dunkler Rosewein aus. Im Remstal gab es nur wenige gute oder sehr gute Spätburgunder. Weingüter aus Baden oder der Ahr waren hier schon qualitativ viel weiter als die Winzer im Remstal. Das hat sich zum Glück geändert. Auch die Spätburgunder aus dem Remstal erreichen inzwischen in sehr guten Jahren Qualitäten von internationalen Niveau.
Deutschland hat nach Frankreich und den USA die drittgrößte Anbaufläche für Spätburgunder. Inzwischen werden auch in nördlicheren deutschen Anbauregionen Spätburgunder erfolgreich angebaut. Ein junger Spätburgunder kann noch von der Säure dominiert werden. Er kann nach Cranberries, Kirsche und oder Himbeere schmecken. Im reiferen Alter oder sehr lang lagerfähige können auch nach Pflaumen schmecken. Die Fruchtsäure verleiht den meisten Spätburgunder eine Frische und Leichtigkeit.
Auch hier findet man unter den Lagenweinen bei Weingütern bereits gute bis sehr gute Qualitäten. Preislich liegen diese zwischen 10 bis 20 Euro. Die besten Spätburgunder sind Große Gewächse. Diese stammen aus Einzellagen und alten Reben. In vielen Fällen wird der Ertrag stark reduziert. Manch Lagenwein ist auch schon jung gut genießbar. Immer abhängig wie er im Weinkeller ausgebaut wurde. Bei kräftiger Holzreifung benötigen auch die Lagenweine noch ein paar Jahre bis sie harmonisch schmecken. Die Großen Gewächse aus Einzellagen, werden häufig mit kräftigerer Holzreifung ausgebaut. Dadurch brauchen diese auch ein paar Jahre länger um im Genuß harmonischer zu werden. Das warten wird allerdings mit einer höheren Komplexität und Harmonie belohnt.
- Fellbacher Goldberg Pinot Noir 2018 – Weingut Heid
- Spätburgunder Junge Reben *** 2006 – Weingut Schnaitmann
- Simonroth Spätburgunder R 2006 vom Weingut Schnaitmann
Samtrot aus dem Remstal
Der Samtrot ist eine haarlose Mutation der Pinot Meunier auch Müllerrebe genannt. Sortenrechtlich wird der Samtrot als Klon des Pinot Noir zugeordnet. Die Weine ähneln dem Pinot Noir. Er ist meist etwas leichter frischer. Die Fruchtaromen und Geschmack sind ähnlich. Überregional ist die Rebsorte wenig bekannt. Der Klon wurde in Deutschland entdeckt und vermehrt. Die Rebsorte wird fast nur in Württemberg angebaut. Meist sind die Weine jung bereits sehr gut genußfähig. In wenigen Fällen werden Weine mit höherem Reifepotential gemacht. Im Duft und Geschmack ähnelt er dem Spätburgunder.
Schwarzriesling – Müllerrebe – Pinot Meunier im Remstal
Eine Mutation des Pinot Noir oder umgehrt? Darüber ist sich die Wissenschaft noch nicht einig. Auf jeden Fall ein Pinot Klon. In Deutschland wird nach Frankreich am zweitmeisten Pinot Meunier angebaut. Davon entfallen knapp 3/4 des Anbauvolumens auf Württemberg. In der Champagne ist der Pinot Meunier mit 30% Anteil einer der Basisrebsorten für weißen Champagner! Im Remstal werden daraus meist leichte Rotweine gemacht. Vereinzelt verwendet man die Rebsorte auch für Winzersekt.
Portugieser im Remstal
Die Rebsorte Portugieser stammt aus Österreich bzw. dem heutigen Slowenien. Über 50% der weltweiten Anbaufläche befinden sich derzeit in Deutschland. Die Rebsorte treibt früh aus und bringt hohe Erträge. Sie gedeit auf den verschiedensten Bodenarten hervorragend. In Württemberg und dem Remstal wird inzwischen nur noch selten Portugieser angebaut. Die hohen Erträge bringen meist nur einfache rote Zeckweine. Um Qualität erzielen zu können, ist eine konsequente Ertragsreduzierung und oder alte Reben erforderlich. Das Weingut Gold geht diesen Weg mit über 40 Jahre alten Reben, welche altersbedingt bereits niedrige Ertragsmengen bringen. Solche Portugieser mit gezielter Holzfassreifung können durchaus auf sehr hohen Qualitätsniveau sein. Im Remstal eher eine Spezialität.
Trollinger im Remstal
Trollinger ist der klassische schwäbische Rotwein. Fruchtig mit leicht süßen Schwänzle im Abgang. Ein Trollinger schmeckt am besten zu einem deftigen Vesper in einer Besenwirtschaft. Zumindest die klassischen Trollinger. Über die schwäbischen Landesgrenzen hat der Trollinger nur sehr selten Freunde gefunden. Ob es daran lag, daß die Schwaben ihren Trollinger lieber selber trinken? Oder liegt es daran, daß der Geschmack für Nichtschwaben seltsam und ungewohnt erscheinen mag? Keine Ahnung. Ich war auch nie ein Freund vom klassischen Trollinger. Für mich war das eher ein Rosewein. Eine Cuvee mit Lemberger war da schon eher ein Rotwein und hatte auch mehr Tiefe im Geschmack. Die Rebsorte kommt ursprünglich aus Südtirol, wo sie Vernatsch genannt wird.
Inzwischen ging die Anbaufläche für Trollinger in Württemberg zurück. Zum Teil wurde er durch andere Rebsorten in den Weinbergen verdrängt. Zum Glück haben einige qualitätsorientierte Weingüter, dem Trollinger auf höheres Qualitätsniveau gebracht. Ältere Reben und Ertragsreduzierung bringen einige Winzer sehr gute Trollinger in die Flasche.
- Trollinger Sine 2018 – Weingut Aldinger
- Trollinger alte Reben Bergkeuper 2018 – Weingut Escher
- Trollinger trocken 2009 – Weingut Schnaitmann
- Trollinger Alte Reben 2012 – 2 Sterne vom Weingut Schnaitmann
Muskat-Trollinger im Remstal
Der Muskat-Trollinger hat nichts mit dem Trollinger zu tun. Man nahm früher an, daß es eine Kreuzung mit Trollinger sei. DNA Untersuchungen, konnten das allerdings nicht bestätigen. Der Muskat-Trollinger ist eine natürliche Kreuzung zwischen Schiava Grossa und dem Muscat d´Alexandria. Die Rebsorte wird in Deutschland überwiegend in Württemberg in geringem Umfang angebaut. Auch heute noch machen viele Weingüter daraus noch einen bescheidenen Rotwein daraus. Viele davon schmecken flach mit wenig Aroma und geringer Komplexität im Geschmack. Meines Wissens war das Weingut Schnaitmann in Fellbach einer der ersten, der daraus einen großartigen Rosewein gemacht hat? Toller Duft, feines filigranes Fruchtspiel mit harmonischen Abgang. Inzwischen wird diese Stilistik von vielen qualitätsorientierten Weingütern im Remstal nachgemacht. Als Rose sind so sehr gute Weine möglich. Vereinzelt wird auch Winzersekt daraus gemacht.
- Muskat-Trollinger Rose trocken 2018 – Weingut Schnaitmann
- Muskat-Trollinger Rose trocken 2006 – Weingut Schnaitmann
Heroldrebe im Remstal
Selbst Weinkennern ist diese Rebsorte nur selten bekannt. Die Heroldrebe ist in den letzten Jahrzehnten in Vergessenheit geraten. Die Rebesorte ist eine Kreuzung zwischen Blauer Portugieser und Lemberger. Sie wurde nach dem Züchter August Herold benannt. Die Anbaufläche ist in Deutschland sehr gering. 24 ha sind in Württemberg angepflanzt. Im Remstal findet man die Rebsorte nur selten. Es werden einfache Rotweine, Roseweine oder Weißherbst mit süffigen Charakter daraus gemacht.
Dornfelder im Remstal
Der Dornfelder ist eine Weiterzüchtung der Heroldrebe. Er ergibt dunklere Rotweine. Die Rebsorte bringt hohe Erträge. Wenn der Ertrag nicht stark reduziert wird, gibt es nur einfache Rotweine. Nur bei konsequenter Ertragsreduzierung und oder alten Reben sind auch beim Dornfelder sehr gute Weinqualitäten realisierbar. Auf Grund des hohen Tanningehaltes sind auch Rotweine mit Reifepotenial möglich. Im Remstal spielt die Rebsorte aktuell nur eine Nebenrolle.
Zweigelt im Remstal
Das Weingut Jürgen Ellwanger gilt wohl im Remstal als Pionier in Sachen Zweigelt. Bereits in den 80er Jahren gelangen ihm sehr gute Rotweine mit dieser Rebsorte. Die Rebsorte stammt aus Österreich, wo sie die am meisten angebaute Rebsorte ist. In Deutschland ist die Anbaufläche relativ klein, wovon über 50% davon auf Baden-Württemberg entfallen. Die Rebsorte ist eine Kreuzung aus St. Laurent und Blaufränkisch (Lemberger). Sehr gute Qualitäten erreicht man nur durch Ertragsreduzierung. Dunkle Rotweine mit Frucht nach Sauerkirschen und oder Pflaumen. Inzwischen haben weitere Qualitätsweingüter im Remstal Zweigelt angebaut. Beim Weingut Jürgen Ellwanger ist meist schon der Gutswein auf sehr hohen Genußniveau.
St. Laurent im Remstal
Diese Rebsorte ist ein natürlicher Klon eines Burgundersämlings. Der Ursprung der Rebsorte ist noch unklar. Vermutlich Frankreich oder Niederösterreich. Die Weine sind meist sehr dunkel und haben einen intensiven Duft nach Waldbeeren und Schwarzkirschen. In Württemberg wird diese Rebsorte derzeit nur sehr selten angebaut. Im Remstal vereinzelt. Das Weingut Heid in Fellbach macht eines sehr guten Lagenwein vom St. Laurent.
Rodung und Anpflanzung anderer Rebsorten
In den letzten Jahren wurden und werden zahlreiche Parzellen in den Weinbergen gerodet. Alte Reben werden gerodet. Wenn ich das sehe, tut mir das Weinherz regelrecht weh. Auf der anderen Seite wird so Platz für andere Rebsorten gemacht. Meist hin zu mehr Qualität. Der globale Klimawandel macht das möglich. Rebsorten aus südlichen Ländern konnten im Klima des Remstales vor dreißig Jahren meist nicht ausreifen. Da machte der Anbau keinen Sinn.
Inzwischen reifen auch Merlot, Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon und Syrah im Remstal in den meisten Jahren aus. Dadurch haben auch solche international bekannte Rebsorten Einzug in das Remstal gefunden. In den letzten Jahren stieg die Durchschnittstemperatur weiter an. So schreitet auch die Veränderung bei den Rebsorten weiter an. Da das deutsche Weingesetzt keine oder so gut wie keine neuen Weinberge zulässt, sind deutsche Weingüter zur Rodung gezwungen, wenn sie andere Rebsorten anbauen wollen. Ob das gut oder schlecht ist? Das sollen bitte andere beurteilen. Sicherlich wird es in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren Veränderungen bei den Rebsortenanteilen geben.
Merlot im Remstal
Merlot ist eine rote Rebsorte aus Frankreich. Weltweit wird derzeit Merlot am zweitmeisten als Wein angebaut! Die Anbaufläche in Deutschland ist im weltweiten Vergleich noch sehr gering. Deutschland gehört nicht einmal zu den 20 großen Anbauländern der Welt. Erst durch die globale Klimaerwärmung ist der Weinbau mit Merlot auch in einigen deutschen Regionen möglich. Auch im Remstal wird Merlot inzwischen von einigen qualitätsorientierten Weingütern angebaut. Um eine hohe Qualtität erzielen zu können, muß auch der Merlot im Ertrag spürbar reduziert werden. Je nach Anbauregion und Ausbau schmeckt der Merlot nach Brombeere, Heidelbeere, Schwarzkrische, Vanille, Rote Pflaumen, Himbeere, Kirsche, Johannisbeere und Zeder.
Die wenigen Merlot-Weine im Remstal werden überwiegend von Qualitätswinzern angebaut. In den meisten Fällen sind sie im Ertrag spürbar reduziert und ergeben gute bis sehr gute Rotweine mit mittleren Reifepotential. In manchen Fällen wird der Merlot auch in hervorragenden Cuvees verwendet.
Cabernet Sauvignon im Remstal
Der Cabernet Sauvignon stammt aus dem Bordeaux in Frankreich. Die Rebsorte gehört zu der flächenmässig am häufigsten angebauten. In Deutschland wurde die Rebsorte erst vor etwa zwanzig Jahren angebaut. Die Weingüter Jürgen Ellwanger und Aldinger waren auch hier eine der ersten, die sich an diese Rebsorte heran getraut haben. Ursprünglich war es klimatisch schwer, daß die Trauben ausreifen konnten. Dank der globalen Klimaerwärmung, gelingt dies inzwischen in vielen Erntejahren. Eine weite Verbreitung hat die Rebsorte auch im Remstal noch nicht. Meist wird sie in Rotwein-Cuvees verwendet. Reinsortiger Cabernet Sauvignon gibt es derzeit nur von wenigen Weingütern. Diese sind aber meist sehr gut bis hervorragend.
Die Weine schmecken nach roten und schwarzen Früchten. Johannisbeeren, Cranberries, Schwarzkirsche, Himbeere, Brombeeren und dunkle Pflaumen sind möglich. Auf Grund des hohen Gerbstoffanteils, eignet sich diese Tauben oft für eine längere Reifung.
Cabernet Dorsa, Cabernet Dorio und Acolon im Remstal
Der Cabernet Dorsa ist eine Züchtung aus Blaufränkisch und Dornfelder. Cabernet Dorio und Acolon sind beides Weiterzüchungen der Cabernet Dorsa. Im Remstal werden diese Rebsorten derzeit noch im großen Umfang angebaut. Vereinzelt findet man sie. Meist werden sie in Rotwein-Cuvees verwendet.
Syrah im Remstal
Ehrlich gesagt, habe ich den Syrah aus dem Remstal erst 2021 für mich entdeckt. Ein Arbeitskollege schwärmte von den großartigen Hermitage Weinen aus der nördlichen Rhone. Ein Hermitage muß hauptsächlich aus Syrah gekeltert werden. Nur im geringen Umfang sind andere Rebsorten zulässig. In den letzten 20 Jahren hat die Rebsorte im weltweiten Anbau einen großen Boom erlebt.
Deutschland gehört da nicht zu den großen Anbauländern. Im Remstal dürfte wohl das Weingut Bernhard Ellwanger einer der ersten gewesen sein. 2002 hat er die ersten Reben in seiner besten Weinlage in Großheppach gepflanzt. Nicht jedes Jahr reifen die Trauben aus. Wobei es in den letzten Jahren fast regelmässig den Selektions-Syrah gab. Derzeit wohl einer der besten Syrah aus dem Remstal. Die erstaunlich hervorragende Weinqualität gelingt nur durch die Top-Lage und konsequente Reduktion der Trauben im Weinberg. Die Traube reift spät. Oft kann erst im November geerntet werden. Inzwischen folgen weitere Weingüter dem positiven Beispiel. Auch denen gelingen sehr gute bis hervorragende Syrah-Weine.
Die Weine sind körperreich und duften und schmecken vollfruchtig nach dunklen Früchten, Veilchen, Kräutern und Pfeffer. In heißen Sommerjahren sind die Syrah aus dem Remstal teilweise sehr wuchtig aber ohne schwer zu wirken. In weniger heißen Jahren gelingen auch sehr filigrane und vereinzelt großartige Syrah.
- Syrah 2017 – Weingut Dobler
- Syrah Symphonie 2018 – Weingut Doreas
- Syrah Großheppacher Wanne Klingenberg SL 2018 – Bernhard Ellwanger
- Syrah 2018 – Weingut Mödinger
Rotwein-Cuvee im Remstal
Vor einigen Jahrzehnten kamen von den bekannten Qualitätwinzern die ersten Rotwein-Cuvees auf den Markt. Die Rotwein-Cuvee Bentz vom Weingut Aldinger aus Fellbach, gehört hier schon zu den Klassikern. Ein sehr guter Einstiegsrotwein zu fairen Preis unter 10 Euro. Andere Weingüter folgten schnell dem Beispiel und machten eigene Cuvee-Kreationen. Die Vielfalt der verwendeten Rotweinsorten in den Cuvees ist enorm.
Vom klassischen Lemberger mit Trollinger bis hin zum bordelaiser Merlot und Cabernet Sauvignon Cuvee ist alles vertreten. Viele der Basis-Cuvees bekommt man bereits unter 10 Euro. Die teureren Cuvees sind dann meist schon sehr gut bis hervorragend. Einige erreichen durchaus internationales Spitzenniveau. In den Fällen liegt das Preisniveau aktuell zwischen 20 – 50 Euro für eine 0,75 l Flasche.
- Bentz Cuvee Rotwein 2011 trocken vom Weingut Aldinger
- CMX Kreation trocken 2016 – Bernhard Ellwanger
- Meisterwerk trocken Goldreserve 2016 – Weingut Escher
- Modus K 2018 – Weingut Wolfgang Klopfer
- Lemberger Syrah 2018 – Weingut Mödinger
- Dickhäuter Rotwein Cuvee 2018 – Weingut Sterneisen
Fazit Rotwein-Eldorado Remstal
In den letzten zwei Jahrezehnten habe ich mich bei den Weinen aus dem Remstal in erster Linie auf zwei Weingüter konzentriert. Das Weingut Schnaitmann und Aldinger aus Fellbach. Bei beiden Weingütern kann man fast jeden Wein blind kaufen und wird Genuß und Gefallen daran haben.
Ehrlich gesagt habe ich den Rest der Weingüter kaum beachtet. Vielleicht habe ich mal vereinzelt einen Wein probiert. Aber das Thema nie weiter vertieft. 2021 habe ich meinen Blick auch auf die anderen Weingüter im Remstal geworfen. Im Sommerurlaub habe ich einige Weinflaschen verschiedener Weingüter gekauft und verkostet. Wie war meine Erkenntnis? Die Qualiät der Weine ist im Remstal in den letzten 20 Jahren enorm verbessert worden!
Viele Gutsweine haben bereits ein gutes bis sehr gutes Qualitätsniveau. Die Lagenweine sind auf einem erstaunlich durchgängig hohen Niveau. Sehr gut und vereinzelt hervorragende Rotweine. Die großen Gewächse zeigen was für ein großartiges Rotweinpotential das Remstal hat! Neben den reinsortigen Rebsorten gibt es inzwischen eine große Auswahl an Rotwein-Cuvees. Angefangen von den Basis-Cuvees bis zu einigen großartigen Rotwein-Cuvees auf international höchsten Genußniveau.
Lemberger auf höchstem Niveau, wie die besten aus dem Burgenland in Österreich. Die besten Spätburgunder können mit den französischen Vorbild in Burgund oft mithalten, sind im direkten Vergleich aber noch als günstig zu bewerten. Merlot und Cabernet Sauvignon solo oder als Cuvee erinnern an große Bordeaux-Weine. Und manch Syrah erinnert an einen großartigen Hermitage von der nördlichen Rhone. Ehrlich gesagt, bräuchte ich keinen Rotwein mehr, welcher nicht aus dem Remstal stammt! Die Vielfalt und Qualität an Rotweinen ist großartig. Dennoch werde ich mir auch in Zukunft einen Chianti, Rioja oder Barolo im Weinkeller reifen lassen. Dazu bin ich kein eingefahrener Gewohnheitsgenießer, der immer den gleichen Wein im Glas schmecken möchte. Nein, ich mag die Vielfalt beim Wein. Ich mag es, wenn ein Wein in einem anderen Jahr anders schmeckt. Wein ist ein Naturprodukt. Wein schmeckt nie gleich.
Dennoch werde ich zukünftig meinen Anteil an Remstäler Weinen im Weinkeller erhöhen. Eigentlich habe ich das schon. Einige der verkosteten Rotweine habe ich bereits nachgekauft und lasse ein paar davon bis zur Genußreife Zeit. Ich kann auch jeden anderen Weingenießer empfehlen, probiert euch mal im Remstal durch. Besucht ein Weingut eurer Wahl. Die meisten bieten Proben an. Ihr werdet mit Sicherheit nicht enttäuscht werden.
Schade, finde ich das die meisten deutschen, württembergischen und Remstäler Weine außerhalb von Deutschland so gut wie unbekannt sind. Dort kennt man vielleicht noch das Weingut Aldinger und Schnaitmann. Dann hört es allerdings meist auf. Irgendwie hat die deutsche Weinwelt ein schlechtes Marketing? Auf der anderen Seite, bekommen wir im eigenen Land auch eine sehr gute Auswahl guter bis hervorragender Rotweine.
hey,
also ersteinmal ein echt guter Artikel. Remstal hatte ich gar nicht so auf dem Schirm. Ich hatte eher an Rheinhessen oder Franken gedacht. Da muss ich wohl mal nach Remstaler Wein ausschau halten!
Hast du zufällig einen Rotwein Tipp für mich? Am liebsten trinke ich Halb-trocken bis trocken.
Mfg Markus
Hi,
super Artikel, ich versuche zur Zeit auf Regionalen Wein zu setzen, da ist es gut solche Beiträge zu lesen. Was ist denn dein Lieblingswein?
Liebe Grüße,
Sandro